Ein Beitrag der Gäbel Autolackiererei GmbH, Berlin, www.gaebel-berlin.de
Im Schatten und bei bedecktem Himmel ausgezeichnet - bei Sonnenlicht katastrophal! Die VW-Farbe LA5E - Maritimblau. Wurde per Farbmessung als bestpassende Variante ermittelt!!! Und passt im Sonnenlicht trotzdem nicht.
Wenn Sie in meinen zuvorigen Beiträgen gelesen haben, wie „Farbtonunterschiede“ entstehen, welche Rolle die „Metamerie“ in Farbvergleichen spielt, was man vom allgemein gebräuchlichen Begriff „Originallack“ zu halten hat, was eine „Farbtonmessung“ zu leisten vermag und wo deren Grenzen liegt, dann haben Sie einen Überblick darüber bekommen, wie komplex das Thema Farbe überhaupt ist. Alle Erkenntnisse zusammengenommen und berücksichtigt ergibt sich zwangsläufig nur ein einziges verlässliches Verfahren, um Farbtonunterschiede in der Reparaturlackierung im Vergleich, unter jeder Beleuchtung wirkungsvoll und absolut zu vermeiden. Und das gilt keineswegs nur für Effektlacke.
Beilackieren, wie es in Fachkreisen genannt wird, ist das weich auslaufende Einlackieren eines Farbtones in einen nicht beschädigten Lackbereich. Das EINZIG funktionierende Verfahren, welches nach der sorgfältigen Wahl der am besten zum Original passenden Farbvariante das i-Tüpfelchen in Perfektion setzt und eine absolut unsichtbare Lackreparatur ermöglicht. Ob nach dem weichen Ausblenden der Farbe das ganze Karosserieteil mit Klarlack überzogen wird oder nur ein Teil, ist abhängig von der zu reparierenden Schadengröße und seiner Lokalisation am Teil. Gängige Bezeichnungen am Markt sind Spotrepair, Spotlackierung, Express-Reparatur oder Rapid Repair. Alle meinen das Gleiche: Beilackieren!
Der Trick des Verfahrens besteht im „Fading“, dem sanften, allmähligen Übergang der Reparaturfarbe in die Originallackierung. Unser Auge kann im fließend von neu zu alt (und umgekehrt) gleitenden Farbton keinen Unterschied ausmachen, obwohl der Rep-Lack-Farbton nicht 100% stimmt. Die Ausbesserung ist perfekt - von oben wie unten, tausend weiteren Winkeln betrachtet. Kein Unterschied an der Tankstelle bei Leuchtstofflampenlicht, auch nicht in Morgen- oder Abenddämmerung. Farbe passt jetzt und Jahre später!!!
Grundsätzlich streben wir ein auslaufendes Spritzen des farbgebenden Materials im zu reparierenden Teil selbst an.
Vor genau dieser Problematik steht der Lackierer aber bei Neuteilen, wo eigentlich der Farbton auf Kante lackiert werden müsste. Eine Art „Russisches Roulette" eröffnet sich hier für den Fachmann. Ein unwahrscheinlicher Glücksfall, wenn die Farbe später unter allen Lichtverhältnissen und Betrachterwinkeln passend zur bestehenden Lackierung aussieht. Der kritische Beschauer findet fast immer eine Abweichung - das ist ein logischer, verfahrens- und materialbedingter Fakt, der sich nicht wegdiskutieren lässt.
Die notwendige Reaktion auf dieses Grundwissen ist ein Einlackieren in die benachbarten Flächen! Angrenzenden Teile werden matt geschliffen, wobei ein Durchschleifen der Kanten unter keinen Umständen erfolgen darf. Der Reparaturfarbton wird vom Neuteil her nach außen auslaufend in die Nachbarteile beilackiert (ausgenebelt). Anschließend erfolgt der Klarlacküberzug auf alle bearbeiteten Flächen. Bei 1-Schichtlackierungen vorzugsweise das Bindemittel des 1-Schichtlackes selbst.
Das weiche Ausnebeln eines Farbtones funktioniert nicht auf engsten Raum, auch wenn die TV-Sendung anderes verspricht. Und mit Airbrush-Pistolen schon gar nicht!
Der kritische Bereich bei einer solchen Reparatur ist nämlich der, wo die deckende nasse Reparaturstelle in die trockene Fläche übergeht, also der Randbereich einer Beilackierung. Dort richten sich die Effektpigmente anders aus als in der nass aufgetragenen Hauptreparaturstelle. Zu kleiner Ausnebelbereich ist vom Auge wieder gut auszumachen! Effektdifferenzen, kleinste Farbtonabweichungen und Rauigkeit werden plötzlich sichtbar. Deshalb:
Erst mit großzügigem Ausfächern (Ausnebeln) der Übergangsbereiche bei niedrigem Spritzdruck erreicht der Lackierer die gewünschte, unsichtbare Reparatur. Die Ausdehnung des Beilackierens kann dabei abhängig vom Farbton schwanken und in seiner Ausführung variieren. Bei schwierigen Silbertönen wird sogar in eine nasse, mit Basislackbindemittel vorgelegte Fläche einlackiert, um eben die o.g. negativen Aspekte zu umgehen.
Im oberen Teil der Abb. des Türbleches erkennen Sie zwei Varianten des BMW-Farbtones 252, so wie die Modelle auch ab Werk kommen könnten. Ein Farbtonunterschied ist mittig gut zu erkennen. Im unteren Teil der Türfläche wurde der dunklere linke Farbton fließend in die hellere linke Seite ein- oder beilackiert. Der Beweis, dass man sogar mit einer nicht ganz passenden Farbe akzeptable Resultate erreichen kann!
Auch alten Lackierer-Hasen gelingt nicht immer alles. Der Klarlack macht sichtbar, was vorher noch so recht gut ausschaute. Da sind auf einmal Wolken in der Reparaturstelle, der Füllerfleck schimmert von der Seite gesehen und im Sonnenlicht immer noch durch.
Eine weitere Überraschung, wenn das Abdeckpapier entfernt wird. Nanu! Dort, wo nur Klarlack gespritzt wurde, stimmt die Farbe zum nicht lackierten Teil plötzlich auch nicht mehr.
Ursache ist eine zweite, zu dicke Klarlackschicht über der ersten (Altlackierung). Damit verändert sich die Lichtbrechung, welche sich am augenscheinlichsten in einem schrägen Betrachterwinkel bemerkbar macht. Deshalb: den letzten Bereich zum nicht lackierten Nachbarteil hin möglichst dünn mit Klarlack abdecken.
Zuerst hört sich der Preis fürs Lackieren in einer Werkstatt immer viel zu überzogen an. Auch wenn alles hier Aufgeführte „easy“ erscheint: Das Risiko einer Do-It-Yourself-Lackierung tragen immer nur Sie! Wenn IHNEN was nicht gelingt, dann bedeutet das erneute Aufwendung von Zeit und Geld. Beim Zweimalmachen sind Sie dann aber schnell dem Preis eines Fachmannes nahe gerückt. Und wie schnell wird aus zweimal dreimal?
Hier geht es um den seit Jahrzehnten schwelenden und bis heute immer noch nicht beigelegten Streit um die Notwendigkeit der Beilackierung. Das Problem wäre keins, gäbe es da nicht die auf Kosteneinsparung fokussierte Welt der Assekuranzen, die so manches Mal Sachverständigen wie auch uns Lackierern das Leben schwer machen. Konkurrenzdruck, „Geiz-ist-geil-Kunden“ und nicht zuletzt schwarze Schafe in der Instandsetzungsbranche, die den Aufwand für Schadenregulierungen enorm in die Höhe schrauben, zwingt jede Versicherung zum Reagieren.
Der vom Allianz-Zentrum für Technik (AZT) herausgegebene Leitfaden "Reparaturlackierung - wirtschaftlich sinnvoll und technisch einwandfrei" beschreibt gut und detailliert die verschiedenen Möglichkeiten der Reparaturlackierung und damit verbundenen Farbanpassungen. In Lackseminaren wurden Sachverständige und Gutachter anhand dieses Pamphlets geschult. Der Artikel wurde zur verbrieften Ermächtigung im Umgang mit Lackreparaturbetrieben, eine Art Hexenhammer der Inquisition.
Das Beilackieren im Karosserieteil selbst wurde hier als „häufigste“ anwendbare Methode des Farbangleiches gesehen.
Die Beilackierung in benachbarte Teile wurde hingegen als nur in „seltenen“ Fällen für notwendig erachtet, obwohl sie statistisch gesehen etwa um 90% (Wert von 2014) aller Lackreparaturen ausmacht, die Spotlackierungen (also „Anspritzer“) nicht eingerechnet. Die Vermutung liegt nahe: Hier wurden in Hinblick auf das richtungsbestimmende Lenken von Gutachtertätigkeiten Tatsachen vorsätzlich vertauscht.
Anmerkung: Im Karosserieteil selbst kann man durchaus beilackieren. Vorausgesetzt, dass die bearbeitete, gefüllerte und geschliffene, also zum Lackieren fertig vorbereitete, Schadstelle mindestens 30 cm von jeweiligen Karosseriekanten entfernt ist (einige komplizierte Farbtöne ausgenommen)! Die Praxis zeigt jedoch, dass die meisten Lackbeschädigungen sich nicht exakt auf die Mitte eines Teils konzentrieren. Und bei den wenigen mittigen fällt nach dem Flächenschliff die farbzugebende Reparaturstelle oft viel größer aus, da sie einen isolierenden Füllerfleck erfordern, den keiner theoretisch exakt vorausbestimmen kann. Nicht unerwähnt soll aber auch bleiben, dass es bei asynchroner Platzierung eines Lackschadens durchaus auch möglich ist, in nur in eine Richtung ins benachbarte Teil zu lackieren. In der anderen bleibt tatsächlich genug Raum zum Farbangleich im Reparaturteil selbst.
Wie dem auch sei: Fundamentiert durch den Leitfaden der Allianz wurden (und werden) Beilackierungen in angrenzende Teile als für nicht notwendig erklärt und verwehrt. Werkstätten, die trotzdem für eine unsichtbare Lackreparatur in angrenzende Teile einlackierten, wurden die Rechnungen hierum gekürzt. Eigentlich paradox, denn zufriedene Kunden sollten ein beiderseitiges Anliegen sein.
Ich archivierte eine Resolution zur Notwendigkeit der Farbtonangleichung durch Beilackierung in unser EDV-System. Diese wurde vom ZKF, ZDK, dem Hauptverband Farbe, Gestaltung, Bautenschutz, Bundesfachgruppe Fahrzeuglackierer und dem Verband der deutschen Lackindustrie, Fachgruppe Autoreparaturlacke verfasst und unterstützt. Wahrscheinlich als Antwort auf den Leitfaden des AZT.
Das Ausnebeln im beschädigten Teil daselbst wird zwar angestrebt, ist aber in den meisten Fällen aufgrund des Schadenbildes an sich und seiner Lokalisation nicht möglich. Über die Farbanpassung mittels Farbtonmessgeräte oder manuellen Nachnuancierens möchte ich an dieser Stelle nun nicht weiter eingehen, denn wer meine anderen Beiträge gelesen hat, weiß, wie exakt ein Nachstellen möglich ist. In einem Urteil des Amtsgerichts Siegen 14 C 1273/10 vom Mai 2011 wird die seit ewigen Zeiten strittige Sachlage sehr schön aufgearbeitet und bei einer Erneuerung eines Karosserieteiles die Notwendigkeit einer Beilackierung in angrenzende Teile als gängige Praxis und rechtens erklärt. Auf den Seiten 5 bis 7 begründet das Gericht die Entscheidung. U.a. sagen geladene Zeugen von Fachwerkstätten aus, dass das Beilackieren in angrenzende Teile zu 80% die Regel ist.
Im Falle eines Kaskoschadens ist es landläufige Meinung, dass ein Lackieren angrenzender Teile zwecks Farbtonanpassung nicht bezahlt wird. Und wenn doch notwendig, soll es der schon ohnehin durch die zu zahlende Selbstbeteiligung gebeutelte Kunde tun. Gutes Image, was sich da Versicherungen aufbauen! Allerorts schon zum Usus geworden ist, dass das Gros Reparaturbetriebe das Beilackieren ganzer Teile im Kaskofall auf ihre eigene Kappe nehmen, um zeitaufwendigem Streit mit Versicherungen UND auch Kunden aus dem Wege zu gehen. Wenn und wo möglich wird dann sogar betrogen, ein paar AWs in anderen Tätigkeiten untergebracht.
Kurzsichtigkeit oder Bequemlichkeit führt zu folgendem Sachverhalt: Angenommen ein Prüfer für Reparaturrechnungen bekommt zehn Rechnungen aus Haftpflicht- und die gleiche Anzahl an Belegen aus Kaskoschäden auf den Tisch. Er wundert sich: In den Rechnungen aus Haftpflichtfällen wurde in fast allen Fällen ein Beilackieren in benachbarte Teile aufgeführt, in den Kalkulationen der Kaskoschäden nicht ein einziges. Denkaufgabe an meine Fachkollegen: Was wird der gute Mann wohl denken?
Wenn eine Arbeit notwendig ist, um eine FACHGERECHTE Reparatur zu leisten (welche die Versicherungen mit Recht von uns verlangen), dann MUSS das auch anerkannt und bezahlt werden. Beilackiert wird doch überall! Warum sollten wohl die Farben, egal welchen Herstellers, im Kaskofalle besser passen???
Berechnet wird ein Einlackieren ins Nachbarteil mit der einfachsten Lackstufe L, genannt Oberflächenlackierung. Wann werden alle praxisfernen Versicherungsangestellten und auch Gutachter/Sachverständige begreifen, dass wir Lackierer an Lackstufe L überhaupt kein Interesse haben! Die Arbeitszeitvorgaben sind so niedrig, dass sie gerademal zum Schleifen, Abkleben und Basislackspritzen reichen. Wir in unserer Firma würden liebend gerne aufs Einlackieren verzichten. Verzichten können wir aber nicht auf zufriedene Kundschaft!
Soweit der Stand des im Wesentlichen so aus unserer bisherigen Homepage übernommenen Beitrages, Gerade lese ich im Lackiererblatt vom Mai 2012 ab Seite 32, dass die Kollegen der Bundesfachgruppe Fahrzeuglackierer gerade kürzlich recherchiert haben und meine Prozentzahl 80 bestätigen konnten. Sollte sich nun endlich doch eine Anerkennung seitens der Versicherer anbahnen. Wir sind sehr gespannt....
Nicht zu glauben, aber 1¼ Jahr später erschien ein von fünf unterschiedlichen, dem KFZ-Gewerk zugehörigen Verbänden anerkanntes und für gültig erklärtes Merkblatt. In diesem werden nun „Die Gründe für Farbtondifferenzen und die Notwendigkeit der Beilackierung“ ausführlich beschrieben und begründet (Nachzulesen auf der ZKF-Seite mit Klick auf den blauen Link). Erst letzte Woche (Nov. 2013) hatte ich wieder auf eine Prüfung unseres Reparaturkostenvoranschlages seitens einer Sachverständigenorganisation zu reagieren. Die Situation: Haftpflichtschaden an einem Škoda Oktavia, Farbton LF3W Flamencorot Perleffekt, u.a. Motorhaube und Stoßfänger V zu erneuern. Der sich mit dem Fall befassende Gutachter konnte ein Beilackieren der angrenzenden Teile keine Notwendigkeit empfinden. Auf meinen entschiedenen Einspruch wider dieser praxisfernen Beurteilung erfolgte eine Besichtigung des reparierten Fahrzeuges, an welchem wir natürlich die beiden Teile mitlackiert und so auch berechnet hatten. Zum Glück befand sich das Gefährt noch in unserer Werkstatt, sodass ich Zeuge der Aussage des Gutachterkollegen hier vor Ort sein durfte. Dieser bestätigte aufgrund der liegenden Flächen der drei Teile, dass man sehr gut die Farbtöne vergleichen könne und sogar ein geringer Farbtonunterschied, auch bei vorhandener Abfalzung der Motorhaube, sofort zu bemerken gewesen wäre. Heute, am 13.11.2013 wurde die Rechnung vollends bezahlt....
Vom AUTOHAUS.de erschien online ein Artikel, der ein nun neues AZT-Merkblattes zur Beilackierung widerspiegelt. Diese legen nun plötzlich die Entscheidung um die Beilackierungsfrage in die Hände des praktizierenden Lackierers. Oha!!! Im August fordert der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) in einem Rundschreiben als Antwort auf das neue Pamphlet, dass schon der Gutachter/Sachverständige über die Notwendigkeit einer Beilackierung zu entscheiden hat.
Gutachter/Sachverständige chancenlos überfordert in einer faktischen Entscheidung über die Notwendigkeit einer Beilackierung. Ein Gutachter/Sachverständiger:
Die Vehicle Identification Number (VIN) ermöglicht die Online-Abfrage der Charakteristika eines Fahrzeuges
Falsche Datenübermittlungen und -bezeichnungen sind Ursache für Fehler bei der Gutachtenerstellung
All das ist völlig normal und deshalb verzeihlich. Und nicht jeder Gutachter/Sachverständige ist gleich. So wie unter unseren Fachkollegen selbst, gibt es gute und weniger tolle. Auch dort fördert jahrelange Praxis das Ergebnis guter Leute.
Mittlerweile sollte sich bis zum letzten Gutachter/Sachverständigen herumgesprochen haben, dass das Beilackieren zu 80-90 % der Regelfall ist. Eigentlich weist doch JEDE auf Kante gespritzte Effektlackierung bei wirklich kritischer Betrachtung und wechselnden Lichtverhältnissen sichtbare Unterschiede auf.
Wenn ausschließlich der praktizierende Lackierer über ein Beilackieren zu entscheiden hat, wie dies das AZT wünscht, stellt solch ein Arbeitsprozess eine zusätzliche Erweiterung des Reparaturauftrages dar. Abrechnungsprobleme mit Versicherungen sind folglich vorprogrammiert, da diese sich oftmals mit Fokus auf Kosteneinsparung auf das Gutachten stützen.
Dass wir als Fachlackierer nun vom AZT favorisiert werden, mag uns auf den ersten Blick schmeicheln. Endlich einmal wird UNSERE Praxis über die auf fremderstellte Datenbanken basierende Theorie der Sachverständigen gestuft. Deren Merkblatt von 2004 findet man nun kaum noch im Internet. War das AZT damals noch so hinterm Mond, dass alle anderen die allgemeine Notwendigkeit zur Beilackierung, meist sogar in benachbarte Teile sahen, sie selbst aber andere Schlüsse zogen? Aus langen Erfahrungen argwöhnisch geworden, könnte heute hier geänderte Absicht vermutet werden. Wollte man einst die Beilackierung ins angrenzende Teil aus Gründen der Kostenreduzierung quasi mit einem Bann belegen, musste man sich letztendlich der allgemeinen Realität stellen und neue Einsparungswege finden. Wenn nämlich dem Sachverständigen die Kompetenz zur Entscheidung über eine Beilackierung abgesprochen wird, seine Gutachten somit diesen Arbeitsschritt nicht mehr aufweisen, könnte das im Großen gesehen zu einer enormen Kostenersparnis für die Assekuranzen führen.
Das würde wohl dann in erster Linie die fiktive Abrechnung nach Gutachten betreffen. Der Gesetzgeber hat mit der Möglichkeit, nicht erbrachte Rep-Leistungen nach spekulativer Schadenseinschätzung abzurechnen, das Tor zu Pfusch- wie auch Schwarzarbeit und somit zur massiven Steuerhinterziehung geöffnet. Sie drückt Betriebe, die händeringend Aufträge brauchen, zu kaum kostendeckenden Dumpingpreiskalkulationen.
Der allgemeine Schrittmacher für Versicherungen und das Instrument der Allianz an sich, das Allianzzentrum für Technik in Ismaning, als auch die Assekuranzen selbst machten bislang keine definitive Aussage, dass zusätzlicher Aufwand zum Farbtonangleich, der bei der Bearbeitung eines Reparaturauftrages anfällt, GENERELL bezahlt wird. AUCH im Kaskoschadenfall wäre das dringend nötig! Gerade dort sind Streitereien an der Tagesordnung! Wir Lack-Reparaturbetriebe sind wie auch Automechaniker zur Erbringung einer fachgerechten Arbeit verpflichtet! Dazu gehört zweifelsohne auch die unsichtbare Reparatur!
Solange die nachweislich ausgeführte Beilackierung kein verbrieftes Recht auf Bezahlung seitens der Versicherer erlangt, bleibt uns Lack-Handwerkern nur die Alternative zur Symbiose: Die geschlossene, wechselseitige Zusammenarbeit mit Gutachtern und Sachverständigen zu suchen und gemeinsam zu gestalten.
Mit Interesse verfolgte ich als ADAC-Mitglied den Beitrag „Smart Repair“. Die Kunst der Kleinstreparaturen von Lack und das lackschadenfreie Dellenbeseitigen ist seit Jahrzehnten ein praxiserprobtes Verfahren. Die „Dellendrücker“ sind da bewundernswerte Meister im Beulenverschwindenlassen. Der Smart Repair von Kratzern im Lack ist aufwendiger, das Ergebnis erst nach Trocknung und Polieren wirklich sichtbar. Deshalb ist diese Art der Lackreparatur immer irgendwie auch ein „Kann-super-aussehen-“ oder „Mach’s-nochmal-Resultat“.>
Mich stört an dem Artikel die potentiell meinungsbildende Wirkung auf dessen Leserpodium. Aussage: Alles kann viel preiswerter repariert werden, der Kunde muss nur hart verhandeln. Andernfalls will a) der Reparateur möglichst viel Geld rausschlagen oder b) er hat's nicht drauf.
Dabei, nicht alles ist lackschadenfrei instandzusetzen möglich und die Lackreparatur von Kratzern hat auch ihre begründbaren Grenzen, die nicht nur das AZT, sondern auch der ADAC in seiner pdf-Broschüre vom Okt. 2014 beschreiben. Erstere raten ab, liegende Flächen anzulackieren, der Automobilclub stellt lediglich fest, dass bei solchen Flächen „Spot Repair schwierig ist“.
Preisangaben im ADAC-Test verwirren den Leser zusätzlich. Nicht hinterfragt wurde, WARUM eine Reparatur von zwei Dellen und einem Kratzer zum einen 80 €, zum anderen 220 kostet, wobei der Höchstpreis mit dem Adverb „saftig“ besonders negative Betonung erhielt. Im Video wird ein Kratzer mit Pinsel und Farbe ausgelegt. War das bei jedem Testkunden so oder wurde auch im Spritzverfahren gearbeitet? Hält sich der „Billigreparateur“ an den gesetzlichen Mindestlohn? War der Zeitpunkt der Reparaturannahme gerade ein sehr auftragsschwacher??? Vieleicht wird in einem Vierteljahr ja nochmals „nachgehakt“ und die Reparatur der sechs als gut befundenen Arbeiten einer optischen Wiederholungsprüfung unterzogen....
Unumstritten ist, dass das Beilackieren von Teilflächen, also das Lack-Smart-Repair auf liegenden Flächen ein Risiko ist. Fakt ist auch, dass für die Reparatur eine Garantiezeit gewährt werden muss. Und last not least muss sie so ausfallen, dass der Kunde diese auch als OK abnimmt und bezahlt. Schnell wird bei Motorhauben und Dächern was zweimal gemacht, mit der nicht so seltenen Folge, dass letztendlich doch das ganze liegende Teil komplett mit Klarlack überzogen werden muss. Und das alles für 80 bzw. 223 Euro? Dass wirtschaftlich arbeitende Betriebe mit hohem Qualitätsniveau manche Reparaturen lieber ablehnen, als mit zu erwartendem Minus zu arbeiten, sollte auch von jedem „Pfennigfuchser“ verstanden werden.
Ich habe mich in den zuvorigen Artikeln lediglich zu Verweigerungen der Bezahlung von Beilackierleistungen geäußert. Dabei ist das Vorgehen von versicherungsbeauftragten "Rechnungsdrückern" in den letzten Monaten wesentlich aggressiver geworden. Recht selten wird an Montageleistungen und Instandsetzungszeiten herumgeschnippelt. Umso mehr sind Kürzungen von Lackleistungen im Visier der prüfenden Assekuranz-Organisationen geraten.
Einleitend dazu muss ich erläutern, dass wir seit eh und je unsere Lackierleistungen flächenbezogen nach AZT abrechnen. Eine wesentlich gerechtere Abrechnung als beispielsweise die Kalkulation nach Herstellerwerten, welche bei gleicher Flächenbearbeitung oft erstaunliche Unterschiede ergibt. Für Kunststoffteile gibt es da nur eine Lackstufe. Das AZT differenziert hingegen in vier unterschiedlichen Arten, wie die Rohteilbearbeitung und -beschichtung erfolgt. Und das Allianz-Zentrum für Technik hat für jeden dm² Fläche entsprechend der eingesetzten Lackstufe und Lacksystems einen Materialwert hinterlegt, der unabhängig vom Stundenverrechnungssatz des Reparaturbetriebes ist. Prozentbezogene Materialberechnungen bei Kalkulationen nach Herstellervorgaben bedeuten: Hoher Stundenlohn, höherer Lackmaterialerlös, niedriger Stundenlohn - reduzierter Materialpreis.
Die Beauftragten zur Bearbeitung von Werksgarantieansprüchen wissen darum sehr genau. Den eingereichten Kostenvoranschlag kann man sich eigentlich sparen, denn der kommt postwendend immer gekürzt in Lohn und Material zurück. Und die Prüfbeauftragten haben seit einigen Monaten zunehmend ein neues Einsparpotenzial ausgemacht....
Im September nun ein zweiter Artikel, der die angestiegene Aggressivität der auf Kostensenkung getrimmten Prüforganisationen widerspiegelt. Die Methode ist einfach: Es wird so viel gekürzt, dass es sich nicht seitens der betroffenen Betriebe lohnt, deshalb einen Anwalt einzuschalten. Die meisten wehren sich nicht und hier liegt der knallhart kalkulierte Gewinn der Versicherer. Lesen Sie darum auch den Artikel "Liebe Prüfdienstleister, das geht gar nicht!" Dort erfahren Sie, liebe Fachkollegen auch, wie man sich dagegen angehen kann! Und sollte!
Im Oktober 2015 dann doch ein erster Erfolg: Die ControlExpert erklärte, in Zukunft keine Kürzungen im AZT-Lackindex mehr vorzunehmen. Altere Kürzungen werden rückwirkend aufgehoben. Angeblich hatte die Prüforganisation die Information vom Allianz Zentrum für Technik, dass der AZT-Lackindex grundsätzlich alles beinhaltet, was bei der Berechnung des Materialeinsatzes notwendig ist. Das möge richtig sein, denn an diese Info kann ich mich selbst erinnern, ausführlich vorgetragen von Herrn Hermann des AZT auf einem UCS-Seminar im März 2007! Die Frage, warum denn dann der Index überhaupt veränderbar wäre, blieb bislang unbeantwortet.
Ein kleiner Fortschritt auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit! Und trotzdem heißt es: Bei ungerechtfertigten Kürzungen - dran bleiben und sich wehren.... Denn es geht hier nicht um Peanuts sondern um Methoden, die zunehmend zur gängigen Praxis werden könnten, wenn wir Handwerker uns nicht geschlossen dagegen wehren!